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Grundinstandsetzung
Nach der Grundinstandsetzung, die im Dezember 2020 erfolgreich abgeschlossen wurde, erstrahlt die Neue Nationalgalerie wieder im alten Glanz.
Zwischen 2016 und 2021 setzte das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) – Referat IV 5 – die Neue Nationalgalerie im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz von Grund auf instand. Mit der denkmalgerechten Sanierung wurde das Büro David Chipperfield Architects beauftragt. Dirk Lohan, Architekt und Enkel von Mies van der Rohe, stand als Berater zur Verfügung und ließ seine Erfahrungen aus seiner Zeit als Projektleiter beim Bau der Neuen Nationalgalerie einfließen.
Das Projekt lässt sich in drei große Phasen gliedern:
Die Neue Nationalgalerie am Berliner Kulturforum ist eine Architekturikone von Weltrang sowie der Schluss- und Höhepunkt im Lebenswerk des Architekten Ludwig Mies van der Rohe. Realisiert wurde das Baudenkmal, das als Klassiker der Moderne gilt, zwischen 1965 und 1968. Mies van der Rohe setzte bei diesem „Tempel der Moderne“ seine Idee eines stützenfreien „Universalraumes“ konsequent um. Die architektonische Ausgestaltung des Raumes tritt dabei hinter diese Idee zurück, weshalb beispielsweise die Nutzung des Erdgeschosses als Museum nicht unmittelbar zu erkennen ist.
Seit ihrer Eröffnung 1968 war die Neue Nationalgalerie fast ein halbes Jahrhundert lang ununterbrochen in Nutzung. Dieser Museumsbetrieb hat Spuren hinterlassen. Außerdem haben sich die Anforderungen an einen zeitgemäßen Museums- und Ausstellungsbetrieb seit der Eröffnung grundlegend verändert. Noch deutlicher wurde der Sanierungsbedarf jedoch bei einem Blick hinter die Kulissen, wo sich beispielsweise bei Gebäudetechnik, Klimatisierung und Brandschutz sowie insbesondere an der Gebäudesubstanz selbst schwere Mängel zeigten.
Bestandsaufnahme durch das BBR
Seit der Eröffnung der Neuen Nationalgalerie 1968 wurde keine umfassende Sanierung vorgenommen. Nach nahezu 50 Betriebsjahren hatte sie das Ende ihres ersten Lebenszyklus erreicht. Im täglichen Betrieb traten zunehmend deutliche Sicherheitsmängel zutage und die Nutzbarkeit war aufgrund vermehrt auftretender Schäden sehr eingeschränkt.
Diese Außenansicht zeigt die Neue Nationalgalerie vor Beginn der Grundinstandsetzung.
Vor diesem Hintergrund wurde das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung im März 2009 mit einer denkmalpflegerischen und baulichen Bestandserfassung der Neuen Nationalgalerie beauftragt. Dabei stellte das Projektteam umfassende bauliche und technische Schäden und Mängel fest, unter anderem gerissene Glasscheiben, gebrochene Granitplatten auf der Terrasse und an der Fassade, nicht nutzbare Rettungswege, Asbest und weitere Schadstoffe sowie stehendes Wasser auf dem Stahldach über der Ausstellungshalle. Darüber hinaus hatten die technischen Anlagen und deren Infrastruktur ihre Lebensdauer weit überschritten und waren nur noch eingeschränkt funktionsfähig. Infolgedessen konnte der Museumsbetrieb nur noch durch bauliche Interimsmaßnahmen und zusätzlichen organisatorischen Aufwand gewährleistet werden. Die Schäden und Mängel hatten ein derartiges Ausmaß erreicht, dass nicht nur die bauliche Substanz bedroht, sondern auch die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher sowie der Beschäftigten akut gefährdet war.
Von Ende 2014 bis August 2021 war die Neue Nationalgalerie für den Publikumsverkehr geschlossen.
Schwerwiegende Defizite bestanden auch in den für den Museumsbetrieb notwendigen Funktionsbereichen. Die Infrastruktureinrichtungen für die Besucherinnen und Besucher waren im Sinne heutiger Ansprüche und Anforderungen mehr als unzureichend. Das Ausstellungsklima und die Sicherheit unterschritten die heute üblichen internationalen Standards in einem Maße, dass ein Leihverkehr nur noch eingeschränkt möglich war. Unterdimensionierte Lagerflächen sowie defizitäre Personal- und Sozialbereiche machten einen effizienten Betrieb nahezu unmöglich. Die gänzlich fehlende Ausstellungsvorbereitung mit Packraum sowie ungenügende Bedingungen für Kunsttransport und -logistik stellten das Haus vor kaum noch zu meisternde Herausforderungen. Nach wiederholten Überbrückungsmaßnahmen erlaubte es die Gefährdungslage für Besucherinnen und Besucher sowie Kunstgüter nicht mehr, den Betrieb des Hauses länger aufrechtzuerhalten. Die Neue Nationalgalerie musste zum Jahresende 2014 für den Publikumsverkehr geschlossen werden.
Konzept der Grundinstandsetzung: „So viel Mies wie möglich“
Auf Basis der Bestandserfassung des BBR wurde im März 2011 der Beschluss zur Aufstellung einer Entwurfsunterlage Bau (EW-Bau) für eine denkmalgerechte Grundinstandsetzung gefasst, welche die Beseitigung der Sicherheitsrisiken, der baulichen Schäden und deren Ursachen sowie die Wiederherstellung ursprünglicher Nutzungsmöglichkeiten beinhaltet. In einem offenen, konkurrierenden Verfahren wurde das Büro David Chipperfield Architects ausgewählt sowie nachfolgend das weitere Planungs- und Beratungsteam gebunden.
Unter dem Leitsatz „So viel Mies wie möglich“ wurde von Mitte 2012 bis 2015 das Konzept der Grundinstandsetzung entwickelt. Die Planungen zur Restrukturierung der Nutzung und zur Anpassung des Hauses an einen modernen Museumsstandard wurden dabei unter Beachtung der Grenzen und Möglichkeiten des Gebäudes vorgenommen. Eingriffe und Veränderungen beschränken sich dabei immer auf ein Minimum. Der iterative, paritätische Abstimmungsprozess erfolgte zwischen den Staatlichen Museen zu Berlin, dem Berliner Landesdenkmalamt, dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, David Chipperfield Architects und weiteren Planerinnen und Planern sowie unter der Beratung des ehemaligen Projektleiters Dirk Lohan, Enkel Mies van der Rohes, und des Mies-Experten Prof. Dr. Fritz Neumeyer.
Im Ergebnis der Entwurfsplanung lag 2015 ein belastbares Konzept für die Grundinstandsetzung vor. Der von Mies geplante Ausstellungsrundgang wurde durch Verlegung der derzeit im nördlichen Museumsgang liegenden Garderobe in ein ursprüngliches Gemäldedepot wiederhergestellt. Der Museumsshop wurde aus der Treppenhalle in das bisherige Skulpturendepot verlegt. Durch Neupositionierung von Garderobe und Museumsshop wurde die Besucherinfrastruktur symmetrisch in der vorhandenen Grundrisskubatur angeordnet, funktionell jeweils am Ausstellungsbeginn gegenüber den Toiletten beziehungsweise des Cafés. Da im Kern des Gebäudes für die Depoträume künftig kein Platz mehr ist, werden diese im aufgeschütteten Bereich auf der Ostseite unterhalb der Terrasse neu positioniert. Der bisher nicht vorhandene barrierefreie Zugang wurde in Form einer geneigten Ebene zwischen Straßenniveau und Terrasse sowie durch einen neuen Aufzug hergestellt, der Ausstellungshalle und Untergeschoss verbindet. Sozial-, Personal- und Lagerräume wurden an den heutigen Bedarf angepasst. Um internationalen Leihverkehr zu ermöglichen, wurde die dringend erforderliche, klimatisierte Ausstellungsvorbereitung geschaffen. Im Ergebnis der Restrukturierung der Funktionsbereiche wurden die internen Wege optimiert und den Bedürfnissen angepasst.
Zur Behebung der Sicherheitsrisiken sowie der Schäden und Mängel im Bestand war eine vollständige bauliche und technische Instandsetzung aller Gebäudebereiche und Bauteile erforderlich. Im Ergebnis der Voruntersuchungen und Bauteilöffnungen wurden unter anderem erhebliche Schäden am Stahlbetonkern des Hauses festgestellt. Um diese beheben zu können, musste sowohl die komplette Außenhülle als auch alle Innenbauteile bis auf den Rohbau demontiert werden. Erst dann konnte die aufwendige Sanierung des Stahlbetoninnenkerns erfolgen. Die hochwertigen und teils robusten Bauteile wie Granit-Natursteinplatten, Türen, Stahlprofile und Marmorplatten mussten ausgebaut werden, um sie zu restaurieren, zu ertüchtigen und anschließend wieder zu montieren. Diese Vorgehensweise war nicht nur denkmalpflegerisch geboten, sondern zugleich nachhaltig und wirtschaftlich sinnvoll.
Um die vorhandene Stahl-Glas-Fassadenkonstruktion erhalten zu können, wurde auf eine thermische Trennung verzichtet. Es erfolgte jedoch eine denkmalverträgliche Anpassung der Stahlkonstruktion, um Verformungen besser ausgleichen zu können, so dass Glasbruch zukünftig vermieden wird. Die neuen Verglasungen entsprechen den hohen Sicherheitsanforderungen im Museumsbetrieb und weisen gleichzeitig die ursprünglichen übergroßen Formate auf. Die Beschaffung der übergroßen Verglasungen stellte eine besondere Herausforderung dar. Weltweit wurden diese zum damaligen Zeitpunkt nur in einem einzigen Werk produziert. Die Zulassung wurde über aufwendige Testverfahren sichergestellt. Die Kondensatbildung wird durch die Optimierung der technischen Anlagen und eine saisonal angepasste Nutzung des Hauses gemindert. Die haustechnischen Anlagen wurden unter Wiederverwendung der denkmalrelevanten Einbauten wie Lüftungsgitter und Leuchtenkörper grundlegend erneuert. In den Grenzen der vorgegebenen Kubatur mussten dabei technische Anlagen optimiert und komprimiert werden. Im Bereich der alten Abluftauslässe hinter dem Skulpturengarten wurden Umbauten erforderlich, die auch in den Grundwasserbereich eingriffen.
Im Zuge der Grundinstandsetzung mussten Bauteile an heutige bauordnungsrechtliche Anforderungen, Verordnungen und Richtlinien angepasst werden. Vor allem baurechtliche Anforderungen hinsichtlich des Brandschutzes gilt es zu erfüllen. Das bedeutet, dass wesentliche Bauteile, wie historische Türen, Innenverglasungen und Wände, instandgesetzt werden mussten – bei identischem äußeren Erscheinungsbild. Dies war komplex, zeit- und planungsaufwendig sowie mit vielen Sonderlösungen und dadurch erforderlichen Testverfahren sowie Genehmigungen im Einzelfall verbunden.
Bauvorbereitung, Demontage und Schadstoffbeseitigung
Nach Schließung der Neuen Nationalgalerie am 31. Dezember 2014 begann die etwa einjährige Beräumung des Hauses, welche unter anderem die Auslagerung der über 1.400 hochwertigen und einzigartigen Gemälde und Skulpturen in extra dafür eingerichtete Interimsdepots beinhaltete. Vor dem Verpacken und Transportieren der Kunstobjekte waren restauratorische Sicherungsmaßnahmen zwingend erforderlich. Anschließend begannen bauvorbereitende Maßnahmen über einen Zeitraum von sechs Monaten. Dazu gehörten das Verlegen von Leitungen, Maßnahmen zur Schadstoffbeseitigung sowie der Abbruch von nicht schützenswerten Bauteilen.
Rückbau sämtlicher Einbauten in der großen Ausstellungshalle der Neuen Nationalgalerie
Wichtig bei der gesamten Sanierung: Die originalen Interieurs und Materialien blieben erhalten. Die Platten der Terrasse aus Striegauer Granit und der großen Halle aus Epprechtsteiner Granit wurden restauriert, die Holzverkleidungen wiederverwendet und historische Möbel aufgearbeitet. Ein wesentlicher Bestandteil der 1. Phase des Bauprojektes war deshalb die Demontage von rund 35.000 einzelnen Bauteilen. Die allermeisten wurden wieder eingebaut, nachdem das dafür zuständige Expertenteam sie umfänglich inventarisiert und restauriert hatte. Einige exemplarische Bauelemente, die aus nutzungsbedingten und technischen Gründen nicht mehr verwendet werden konnten, übergab die Stiftung Preußischer Kulturbesitz am 10. September 2021 an die Stiftung Bauhaus Dessau. Damit stehen sie nun der Forschung rund um das Bauhaus zur Verfügung, das dieses materielle Erbe erforscht. Seit Mitte 2017 sind die Bauvorbereitungen, die Demontagen der historischen Bauteile und die Schadstoffsanierungen abgeschlossen.
Sanierung des Stahlbetons und der Glasfassaden
Auch das Untergeschoss der Neuen Nationalgalerie wurde auf den Rohbau zurückgeführt.
Im Anschluss an die Bauvorbereitungen begann in dem Haus, das bis auf den Rohbau zurückgebaut wurde, die eigentliche Instandsetzung. Diese zweite große Phase des Projektes umfasste unter anderem die aufwändige Sanierung des im Bestand sehr schadhaften Stahlbetons im Innen- und Außenbereich, inklusive des Abbruches und Neubaus der Wände des Skulpturengartens.
Darüber hinaus wurden das Dach der Ausstellungshalle sowie der Terrassenbereiche abgedichtet und gedämmt. Die Sanierungsarbeiten an den Stahl-Glas-Fassaden sind abgeschlossen. Um künftig thermische Verformungen der Stahlfassade besser ausgleichen zu können und Glasbruch zu vermeiden, wurde die Fassadenkonstruktion durch den Einbau von Dehnpfosten denkmalverträgliche angepasst. Die bestehende Verglasung wurde komplett ausgebaut, die Stahlkonstruktion sandgestrahlt und für die Neubeschichtung grundiert. Die neue Verglasung wurde Mitte 2019 eingesetzt.
Arbeiten an der Baugrube für das neue Kunstdepot und weitere Funktionsbereiche
Parallel zur Rohbausanierung im Bestandsgebäude wurde unterhalb der Terrasse der Rohbau für die neuen Technik-, Depot- und Lagerflächen errichtet. Auf rund 900 Quadratmetern erhält die Neue Nationalgalerie damit die zusätzlichen Funktionsflächen, die für einen modernen Museumsbetrieb notwendig sind.
Denkmalgerechter Innenausbau und technische Gebäudeausstattung
Die dritte große Phase des Projektes – der Innenausbau des Gebäudes – ist seit Mitte 2021 abgeschlossen. In dieser Phase wurden die denkmalpflegerisch wertvollen, demontierten und restaurierten Naturstein, Holz- und Stahlbauteile wieder montiert. Ebenso wurden auch die bei verschiedenen Herstellern in Auftrag gegebenen Nachbauten und Umrüstungen der originalen Lüftungsauslässe, Schalter und Leuchten wieder angebracht.
Im Dezember 2020 wurde die obere Ausstellungsstellungshalle baulich fertiggestellt. Die feierliche Schlüsselübergabe fand pandemiebedingt am 29. April 2021 in kleinem Rahmen statt. Die Neuen Nationalgalerie feierte ihre Wiedereröffnung am 22. August 2021 mit Ausstellungen zu Alexander Calder und Rosa Barba sowie mit einer Sammlungspräsentation zur Kunst von 1900 bis 1945.
Die denkmalgerechte Grundinstandsetzung der Neuen Nationalgalerie umfasst eine Vielzahl einzelner baulicher Maßnahmen und Arbeitsschritte.
Nutzungsverbesserungen
Brandschutz
Sanierung der Gebäudehülle
Innensanierung
Technische Gebäudeausrüstung
Außenanlagen