Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

Planungswettbewerb Deutsche Botschaft Belgrad / Serbien – Neubau des Kanzleigebäudes

Offener, zweiphasiger Wettbewerb

  • Status Abgeschlossen
  • Veröffentlichung 22.07.2009
  • Entscheidung 26.06.2009

Bauprojekt

  • BauherrStandard Auswärtiges Amt
  • NutzerStandard Deutsche Botschaft Belgrad

Entscheidung des Preisgerichts

Das Preisgericht tagte am 26. Juni 2009 unter Vorsitz von Frau Professorin Inken Baller, Berlin und hat drei Preise vergeben.

Preisträger

1. Preis – 1001

karl + probst architekturbüro, München
Entwurfsverfasser: Ludwig Karl
Mitarbeiter: Dean Hörmandinger, Isabelle Heinz
in AG mit
Ingenieurteam Bergmeister, Bozen und
Duschl Ingenieure, Rosenheim

1. PreisA

Bild / Video 1 von 2

Das Bild zeigt das braune Modell eines kubischen, mehrstöckigen Gebäudes im städtischen Umfeld. Andere Gebäude sind stark vereinfacht aus weißen Formen modelliert. Auch Bäume zwischen den Gebäuden sind modellhaft dargestellt.

Beurteilung des Preisgerichts (Auszug)

Städtebauliches Konzept

Der Entwurf fügt sich städtebaulich ein und wird durch Einschnitte und Höfe gegliedert. Als langgestreckter heller Baukörper drängt er sich nicht auf. Er übernimmt die Maßstäblichkeit der Nachbargebäude. Die Flächeneffizienz erweist sich als eher ungünstig: Brutto-Grundfläche / Nutzfläche bei 2,15, Brutto-Rauminhalt / Brutto-Grundfläche sind als hoch anzusetzen. Das Gebäude nimmt die Flucht der Nachbargebäude auf und schließt im Erdgeschoss aus funktionalen Gründen den Straßenraum zum Hof ab. Durch die schlanke Anordnung des Gebäudekomplexes auf dem Grundstück entsteht eine U-förmige Freifläche (Grünbereich). Durch Einschnitte (Höfe) im Gebäude entstehen teilweise Freiflächen ab dem 1. Obergeschoss.

Architektonisches Konzept

Die Fassade wird rhythmisch und ruhig durch die Anordnung der Fenster gegliedert. Die vorgeschlagene Verwendung von serbischem Travertin als Außenwandverkleidung wird positiv bewertet.

Die Fassade hat ein schlichtes und elegantes Erscheinungsbild, das durch die Verwendung von Naturstein unterstrichen wird. Der Bezug zu den Freiflächen ist im Erdgeschoss im Bereich der HOD-Wohnung mit ebenerdigem Zugang hergestellt, ab dem 1. Obergeschoss sind Foyer sowie Büroräume an begrünte und gestaltete Innenhöfe angegliedert, die interessante Bezüge herstellen.

Funktionalität

Das Raumprogramm ist im Wesentlichen erfüllt. Die Entkopplung der Wartezonen im Zugangsbereich ist nicht funktionsgerecht und erfordert eine neue Disposition. Die Nutzung des Foyers im Erdgeschoss erschließt sich nicht. Die HOD-Wohnung hat einen eigenen Zugang über die Freifläche, wird jedoch nach Norden orientiert. Die Anordnung der Arbeitsplätze ab dem ersten Obergeschoss sowie die teilweise einhüftige Anordnung der Arbeitsräume wird positiv bewertet. Das vorgeschlagene Beleuchtungskonzept wird zur Einsparung von Energiekosten führen.

Wirtschaftlichkeit

Die Reduzierung auf ein Untergeschoss für die Tiefgarage und der geringe Fensterflächenanteil erweisen sich günstig hinsichtlich der Investitionskosten. Ebenso sind die Technikkonzepte vergleichsweise wenig kostenintensiv. Dem stehen jedoch höhere Brutto-Grundflächen und Brutto-Rauminhalte gegenüber.

Konstruktion und Technik

Positiv wird die vorgeschlagene Größe der Technikflächen bewertet. Die Betriebskosten werden in durchschnittlicher Höhe liegen

2. Preis – 1008

Kühn Malvezzi, Berlin
Entwurfsverfasser: Johannes Kühn
Mitarbeiter: Karin Fendt, Annette Seete, Rachelle Ong, Hiroki Kaji
in AG mit
Krone Ingenieurbüro GmbH, Berlin
und
Rentschler und Riedesser, Berlin

2.PreisA

Bild / Video 1 von 2

Das Bild zeigt das graue Modell eines kubischen, mehrstöckigen Gebäudes im städtischen Umfeld. Andere Gebäude sind stark vereinfacht aus weißen Formen modelliert. Auch Bäume zwischen den Gebäuden sind modellhaft dargestellt.

Beurteilung des Preisgerichts

Städtebauliches Konzept

Der Verfasser sieht vor, die vorhandene, sehr expressive Gitterstruktur vor der Fassade zu erhalten. Der vor die Fassade gestellte Rahmen aus Betonstäben bezieht sich auf das Paradigma der europäischen Moderne der 1970er Jahre, welche als relativ junge historische Bausubstanz erst allmählich Anerkennung als Erhaltenswert findet. Im veränderten Kontext vor dem neuen Gebäude wird die Fassade umgedeutet und aufgewertet. Diese Reverenz an den bestehenden Botschaftsbau wird im Preisgericht äußerst kontrovers beurteilt.

Der Baukörper selbst ist ein fünfgeschossiger rechteckiger Bau (24m x 45m) mit zentralem Innenhof. Zwei große, mehrgeschossige Öffnungen im Seiten- und im Rückflügel nutzen die Orientierung des Gebäudes, um die dramatischen Blicke über die Stadt Belgrad in Richtung Nordost und Nordwest für Innen- und Außenräume der Anlage zu gewinnen, gleichzeitig um sich von der Entfernung als offenes Gebilde darzustellen.

Architektonisches Konzept

Indem der großzügige Hof im Inneren des Gebäudes integriert wird, werden sehr gute Belichtungs-, Belüftungs- und Blicksituationen geschaffen. Der geschlossene Baukörper an der Vorderseite bietet Schutz vor Straßenlärm, der Innenhof mit großen Bäumen ermöglicht „grüne Ausblicke“ und natürliche Belichtung bis in das Erdgeschoss. Die Räume der Seitenflügel orientieren sich ausschließlich zur ruhigen und sicheren Zone des Innenhofs. Dem zweigeschossigen Foyer ist eine Terrasse zugeordnet, die an den Innenhof angrenzt – von dort aus eröffnen sich die Ausblicke durch die Gebäudeöffnungen über die Stadt.

Die klare, skulpturale Gebäudeform, die aufgewertete straßenseitige Strukturfassade, und die hellen Oberflächen aus Kunststein und Glas verleihen dem Bauwerk den repräsentativen Charakter eines Kulturbaus.

Funktionalität

Das Raumprogramm ist im Wesentlichen erfüllt, die Grundrissstruktur und Erschließung sind klar geordnet. Die Räume, inklusive der einzelnen Büroräume, sind wohlproportioniert, die Orientierung zum Hof ermöglicht natürliche Belüftung durch Fensteröffnung ohne Lärmbelästigung und ohne Einbüßen der Sicherheit.

Wirtschaftlichkeit

Die Kompaktheit des Gebäudes führt zu einer günstigen Flächenausnutzung. Im Vergleich zu den anderen Beiträgen liegt der Entwurf im niedrigeren Preissegment. Die vorgeschlagene Fassadenbekleidung mit Kunststein ist mit hochwertigen Oberflächen preiswert herzustellen, die Anordnung der Fensterflächen zum Innenhof wirkt sich positiv auf den Sicherheitsstandard der Fensterausbildung aus. Die gewählten TGA-Systeme sind vergleichsweise einfach und wirken sich positiv auf die Kosten aus. Die Außenanlage wird durch die Anordnung einer Wasserfläche im Innenhof vergleichsweise aufwändig.

Konstruktion und Technik

Die Gestaltung der straßenseitigen und der seitlichen, zur Straße hin exponierten Teile der Gebäudehülle mit relativ wenigen und kleinen Öffnungen eignet sich sehr gut zur Umsetzung des geforderten Explosionsschutzes.

Die Gebäudeform und Massenverteilung im Gebäude bieten für die Erdbebensicherheit günstige Voraussetzungen.

Die mit dem Energiekonzept verbundenen technischen Anlagen sind sinnvoll und lassen ein funktionales Gebäude mit hohem Energieeffizienzstandard erwarten.

3. Preis – 1003

gernot schulz: architektur, Köln
Entwurfsverfasser: Prof. Gernot Schulz
Mitarbeiter: Marcus Wagner, André Zweering, Raphaella
Burhenne de Cayres, Ufuk Çelik
in AG mit
Horz + Ladewig Ingenieurges. für Baukonstruktionen mbH, Köln
Ingenieur für technische Gebäudeausrüstung:
Zibell Willner & Partner Ingenieurgesellschaft mbH, Köln

3. PreisA

Bild / Video 1 von 2

Das Bild zeigt das graue Modell eines kubischen, mehrstöckigen Gebäudes im städtischen Umfeld. Andere Gebäude sind stark vereinfacht aus weißen Formen modelliert. Auch Bäume zwischen den Gebäuden sind modellhaft dargestellt.

Beurteilung des Preisgerichts

Städtebauliches Konzept

Der Verfasser schlägt eine kompakte Lösung vor, wodurch genügend Freifläche, unter anderem für eine Vorfahrt im rückwärtigen Bereich, angeboten werden kann. Der Gesamteindruck des Gebäudes im Stadtraum ist zurückhaltend. Die Grobgliederung des Baukörpers ist gekennzeichnet durch ein breites horizontales Band, wodurch der Eindruck einer Schichtung entsteht. Dazu stehen die ebenfalls umlaufenden vertikalen Lisenen in einem spannungsvollen Kontrast, der charakteristisch für das Gebäude ist.

Architektonisches Konzept

Die großzügige Fassadengliederung wird im Erdgeschoss durch zu gering dimensionierte Räumlichkeiten konterkariert. Die beengte Eingangssituation entspricht nicht der Erwartung bei einer Botschaft mit einem gewissen repräsentativen Anspruch. Die Ausgestaltungen im Gebäudeinneren weisen durch das Atrium, die Führung der Treppen und ähnliche spannende räumliche Aspekte auf. Das Atrium ist im Obergeschoss großzügig bemessen und wird einem Empfangsgebäude gerecht. Der untere Teil des Atriums ist hingegen sehr beengt und kommt nicht ohne zusätzliche Lichtlenkungssysteme beziehungsweise Kunstlicht aus. Im östlichen Bereich wird ein Großteil der Büroräume zu dem attraktiven Garten der benachbarten Botschaft orientiert. An der Westseite verläuft entlang der Fassade ein Erschließungsgang.

Funktionalität

Das Erschließungssystem über teilweise skulpturale Treppen erscheint unschlüssig und manieriert. Dadurch wird der Flächenansatz deutlich überschritten, ohne dass ein überzeugendes innenräumliches Äquivalent geschaffen wird. Insgesamt ist zu konstatieren, dass zu viele Treppenhäuser vorhanden sind. Zum Teil gibt es dabei entscheidende funktionale Schwächen, wie zum Beispiel die Treppe, die durch den Visabereich in das erste Obergeschoss führt. Auch sind teilweise die Fluchtweglängen zu optimieren.

Wirtschaftlichkeit

Die Flächenbilanz weist ein eher ungünstiges Verhältnis auf, der Bruttorauminhalt ist der höchste im Vergleich zu den anderen Arbeiten. Die Fassade ist aufgrund des großen Glasanteils sehr kostenintensiv.

Die Bestandteile des Energiekonzepts sind teilweise gute Lösungsansätze. Dadurch ist die Haustechnik auch teuer, unter anderem weil ein höherer Raumbedarf besteht.

Konstruktion und Technik

Das Funktionieren der mit Lochblech verkleideten Glasfassade an ausgewählten Stellen des Gebäudes wird insbesondere im 1. Oberschoss an der Ul. Kneza Miloša aus Gründen des Anschlagschutzes in Frage gestellt.

Die Gebäudeform ist hinsichtlich der Erdbebensicherheit günstig.

Informationen zum Wettbewerb

Wettbewerbsaufgabe

Das 1972 errichtete Kanzleigebäude der deutschen Botschaft in Belgrad genügte weder den gegenwärtigen Anforderungen an die Sicherheit gegen Terroranschläge noch den einschlägigen Richtlinien zur Erdbebensicherheit. Nach eingehender Untersuchung des stark sanierungsbedürftigen Gebäudes wurde der Beschluss gefasst, es abzureißen und an gleicher Stelle einen Neubau zu errichten.

Mit diesem Neubau sollen auch die bislang in getrennten Gebäuden untergebrachten Abteilungen Kanzlei und Rechts- und Konsularwesen / Visa zusammengeführt werden. Die 2.033 Quadratmeter große Liegenschaft liegt an der Ulica Kneza Miloša, einer stark befahrenen fünfspurigen Ausfallstraße, am Rande der Altstadt Belgrads. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen weitere Botschaften. Die prominente Lage der Liegenschaft erfordert ein angemessenes Erscheinungsbild der zukünftigen Botschaft. Zudem liegt das Grundstück im Denkmalschutzgebiet „Alt Belgrad“, deshalb wurden die beiden zuständigen städtischen Ämtern – das Sekretariat für Städtebau und Bebauungsangelegenheiten und das Amt für Denkmalschutz – bereits in das Wettbewerbsverfahren einbezogen. Für das Gebäude liegt ein detailliertes Raumprogramm vor, das insgesamt 1.940 Quadratmeter Nutzfläche (inklusive einer Dienstwohnung mit 120 Quadratmetern) umfasst. Für die Realisierung stehen insgesamt 10,6 Millionen Euro zur Verfügung. Ziel des Wettbewerbs war es, einen geeigneten, die Fachplanung Tragwerk und Technische Gebäudeausrüstung bereits integrierenden Vorentwurf zu erhalten. Ein Preisträger soll als Generalplaner mit der weiteren Bearbeitung beauftragt werden.

Wettbewerbsverfahren

Das Verfahren war ein begrenzt offener, anonymer, interdisziplinärer Realisierungswettbewerb nach 2.3.2 der GRW 95 in der Fassung vom 22. Dezember 2003 ausgeschrieben mit acht Teilnehmern, die in einem vorgeschalteten Auswahlverfahren nach VOF ausgewählt wurden. Der Wettbewerb wendete sich an Arbeitsgemeinschaften aus Architekten (federführend) mit Ingenieuren (Tragwerksplanung und Technische Gebäudeausrüstung).

Die Auswahl der Teilnehmer am Wettbewerb aus den 45 zugelassenen Bewerbungen erfolgte durch ein vom Preisgericht unabhängiges Auswahlgremium. Die Kriterien zur Auswahl wurden in der offiziellen Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 23. Dezember 2008 unter der Nummer 2008/S 249-332173 bekannt gegeben.

Zum Thema

Veröffentlichung

Kunst am Bau

Kontakt

  • Referat A2 – Projektentwicklung, Wettbewerbe, Zuwendungsbau,
    Landschafts- und Innenarchitektur, Kunst am Bau 
    Straße des 17. Juni 112
    10623 Berlin

    Tel.: +49 30 18401-9202
    Fax: +49 30 18401-9209
    E-Mail: architektur@bbr.bund.de

Diese Seite