Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

Erläuterungsbericht

Leitidee: „ein kompakter fünfgeschossiger Kubus aus Sandstein“

Die neue Botschaft Deutschlands in Nikosia präsentiert sich als kompakter fünfgeschossiger Kubus aus dem für Zypern typischen Sandstein. Großzügige Fassadenöffnungen sind Loggien vorgelagert, die einen angemessenen Übergang von innen nach außen bilden und gleichzeitig einen natürlichen Puffer für den sommerlichen Wärmeschutz darstellen. Die Außenanlagen sind in intensiv nutzbare Bereiche gegliedert: Im Westen liegt der formale Eingangsplatz, im Norden und Osten die Parkplätze unter einem schattigen Baumdach und im Süden die grüne Spitze des Grundstücks, die sich weit in das Straßenland hinein schiebt und als „grüner Bug“ das Bild Deutschlands auf Zypern mitprägen wird.

Kontext Stadt-Landschaft

Freistehende kubische Baukörper mit unterschiedlichen Gebäudehöhen bestimmen den Kontext der näheren Umgebung der neuen Botschaft. Die parallel zu den Straßen ausgerichteten Gebäudekörper im ehemals dörflichen Stadtteil Engomi in Nikosia bilden eine Teppichstruktur, die nur durch die Straßen selbst gegliedert wird. Aufgrund ihrer Größe bilden die solitären Gebäude der russischen und der amerikanischen Botschaft Orientierungspunkte.

Etwa mittig auf dem exponierten Grundstück an der Straßenkreuzung Delphi Street Ecke Makarios Street positioniert, ist das neue fünfgeschossige Botschaftsgebäude weithin sichtbar. Gleichzeitig ordnet es sich in den Kontext der umgebenden Stadtstruktur aus Punkthäusern ein. Über die Kreuzung hinweg tritt der Neubau in einen Dialog mit den bereits bestehenden Botschaftsbauten.

Der Kubus, Fenster zur Stadt

Den beinahe würfelförmigen Kubus mit den Maßen Länge x Breite x Höhe von 17,70 Meter x 16,65 Meter x 16,80 Meter gliedern großzügige Loggien an den Gebäudeecken, die wie große Fenster zur Stadt wirken. Die neue Deutsche Botschaft stellt sich so als offen und einladend dar. Große geschlossene Wandflächen mit eingeschnittenen vertikal angeordneten Fenstern bilden einen Kontrast zu den teilweise mehrgeschossigen Loggien. Sie bilden einen natürlichen Puffer zwischen innen und außen und schaffen wie bei einer geschichteten Fassade den baulichen Sonnenschutz.

Außenräume, Garten der Botschaft

Obwohl das Grundstück aufgrund der exponierten Lage und der Straßenführung beengt ist, gliedert es der mittig positionierte Baukörper der neuen Botschaft in gut nutzbare Freibereiche. Über die Sicherheitsschleuse in der Außenwache an der westlichen Grundstücksgrenze kann der Besucher durch getrennte Zugänge entweder unmittelbar geradeaus die Visastelle erreichen oder er orientiert sich über den repräsentativen Vorplatz zum Haupteingang des Kanzleigebäudes. Das Gelände friedet eine 2,50 Meter hohe Mauer aus Sandstein ein, die unter Berücksichtigung der Sicherheitsanforderungen durch unregelmäßig gesetzte vertikale Einschnitte eine angemessene Transparenz erhält.

1. repräsentativer Vorplatz

Die formale Eingangssituation der Kanzlei markiert ein mit Naturstein ausgelegter Platz für zeremonielle Begrüßungen von Gästen. Die bestehende Pinie spendet angenehmen Schatten. Vier Stellplätze für besondere Gäste können bei Bedarf unmittelbar auf dem Vorplatz angeboten werden.

2. Botschaftsgarten

Als Oase konzipiert, bildet der Botschaftsgarten den „grünen Bug“ der neuen deutschen Botschaft. Mittelpunkt ist ein kleiner dachförmig geschnittener Olivenhain, der zum Verweilen im kühlen Schatten einlädt. Ein kleiner Brunnen sorgt hier für Erfrischung und erzeugt eine einladende Atmosphäre. Den Boden bedeckt ein Meer aus duftenden Blumen. Die bestehenden Zypressen begrenzen den Garten zur Straße hin.

3. Parken unter Bäumen

Nördlich und östlich des neuen Botschaftsgebäudes befinden sich die geforderten Stellplätze unter einem Schatten spendenden Dach hochgewachsener Pinien. Die zwei geschützten Parkplätze befinden sich in einer kleinen Garage am östlichen Grundstücksrand. Ausgewählte Bäume können stimmungsvoll mit Bodenstrahlern akzentuiert werden. Offene Pflasterfugen wirken der Versiegelung der Flächen entgegen.

Äußere Erschließung, Schleusen

Die Pforte der neuen Botschaft liegt an der Lapithis Street in der Nordwestecke des Grundstücks. Hier öffnen sich zwei Schleusen, eine gemeinsame Schleuse für Visa-, Passstelle und Kanzlei der Botschaft (mit jeweils getrennten Ausgängen) und die Kfz-Schleuse. Eine diensthabende Person in der verglasten Kanzel, dem zentralen Dienstplatz des Wachpersonals, weist den richtigen Weg.

Innere Erschließung, die „Bel Etage“

Die Besucher betreten das Gebäude über die „Eingangsloggia“ an der Südostecke, ein Bereich der vom zweiten Pförtner aus sehr gut überwacht werden kann. Hier befinden sich dem Botschaftsgarten gegenüber die Warteplätze für die Gäste des Botschafters. Eine zweiläufige, geknickte Treppe schließt sich an und führt in das 1. Obergeschoss, die „Bel Etage“ der neuen Botschaft.

Funktionsverteilung im Gebäude

Die Zeichnung zeigt den Aufriss eines fünfgeschossigen Gebäudes. Querschnitt des Kanzleigebäudes

Im Gebäude nimmt der Grad der Öffentlichkeit nach oben ab. Im Erdgeschoss, zur Straße orientiert, befinden sich die Bürgerdienste, die Pass- und die Visastelle und einzelne dienende Räume des Konsulats. In den vier darüber angeordneten Geschossen befinden sich die zu Arbeitsgruppen etagenweise zusammengefassten Bereiche der Kanzlei.

Erdgeschoss
Bürgerdienste: Visa-, Passstelle, Rechtsberatung, Eingangs- und Wartebereich der Botschaft, Nebenräume

1. Obergeschoss
„Bel Etage“: Besprechungsraum, dem Foyer zuschaltbar, Arbeitszimmer des Botschafter und seines Stellvertreters.

2. Obergeschoss
Arbeitszimmer des Kanzlers, Registratur und Zahlstelle, Arbeitsräume des höheren und mittleren Dienstes

3. Obergeschoss
Verwaltung, höherer und mittlerer Dienst, FDS – Bereich mit Comsec-Raum

4. Obergeschoss
IT-Abteilung, Chiffrier- und Fernmelderaum, Technikzentrale

Untergeschoss
Technik, Lager, Archiv

Brandschutz

Zwei unabhängige Rettungswege sichern den Fluchtweg: ein abgeschlossenes Fluchttreppenhaus und die Freitreppe im Foyer Erdgeschoss bis 2.Obergeschoss. Über verdeckt angeordnete Schiebetore kann der Bereich um die Freitreppe als eigener Rauchabschnitt abgetrennt werden. Türen schließen selbstständig und sind rauchdicht.

Materialkonzept

Den äußeren Raumabschluss der neuen Botschaft bildet eine Vorsatzschale aus versetzt geschichtetem zypriotischem Sandstein mit poröser Oberfläche. Die Außenwände sind bestimmt durch große geschlossene Flächen mit kleinen stehenden Fensterformaten und großzügigen Fensteröffnungen, denen als baulicher Sonnenschutz Loggien vorgelagert sind, die einen natürlichen klimatischen Puffer zwischen Innen- und Außenraum bilden. Repräsentative Bereiche, wie das Foyer, das Arbeitszimmer des Botschafters können über großzügige Schiebetore zum Außenraum hin geöffnet werden. Betonbänder fassen die Wandflächen aus Sandstein ein und zeigen die Position der Deckenplatten.
Im Innenraum bestimmen neben weiß verputzten Wandflächen und untergehängten Decken, Fußböden aus Naturstein im Erdgeschoss und Holzfußboden in den Obergeschossen die Atmosphäre. Die Freitreppe erhält eine geschlossene Brüstung aus Zedernholz.

Statik

Bei der Auswahl der Baustoffe und Bauarten für das Tragwerk wurde Wert auf die Verwendung einfacher, robuster Baustoffe und Bauarten gelegt, die vor Ort verfügbar und mit örtlichen Kräften umsetzbar sind. Als Dach- und Geschossdecken kommen Flachdecken aus Stahlbeton mit einem unregelmäßigen Raster zur Anwendung. So kann ein Größtmaß an Flexibilität bei der Leitungsführung und dem Stellen von leichten Trennwänden sowohl bei der anstehenden Neubauplanung als auch bei den Möglichkeiten einer späteren Umnutzung gewährleistet werden. Zusätzlich sind die relativ großen Deckendicken für eine Nutzung als aktives Element zur Klimatisierung der Räume geeignet. Die Vertikallasten werden in erster Linie durch Stahlbetonwandscheiben in unterschiedlichen Längen sowie Einzelstützen abgetragen. Dabei wird aus Gründen der Erdbebensicherheit besonderer Wert auf die Vermeidung von Abfangungen gelegt, so dass diese Elemente über alle Geschosse durchlaufen. Zur Gebäudeaussteifung und zur Aufnahme der Einwirkungen im Lastfall Erdbeben werden der Treppenhauskern sowie die durchlaufenden Stahlbetonscheiben herangezogen.

Die Gründung des Gebäudes erfolgt auf Streifenfundamenten, die zu einem Balkenrost verbunden sind. Auch die Vertikaltragglieder im nichtunterkellerten Bereich werden bis auf die gleiche Gründungsebene geführt.

TGA, ökologische Aspekte

Mit den baulichen Maßnahmen wird eine energetische Gebäudequalität erreicht, welche einen geringen technischen Aufwand erfordert und die Unterhaltungskosten auf ein notwendiges Minimum reduziert.

Die Fassaden der Gebäudeteile sind bezogen auf die transparenten Fensteranteile optimiert, entsprechend der ENEV gedämmt und schützen so das Gebäude vor Überhitzung. Die kubische Gebäudeform stellt den hohen klimatischen Anforderungen die minimale Oberfläche gegenüber.

Der solaren Aufheizung der Gebäude wird zunächst baulich mit minimierten Fensterflächen und vorgelagerten Loggien und zusätzlich mit einem variablen, außen liegenden Sonnenschutz entgegengewirkt. Besonderes Augenmerk liegt auf der bedarfsgerechten Lüftung ohne eine unkontrollierte Aufheizung im Sommer. Dabei wird eine Grundtemperierung über eine Flächenkühlung in der Decke hergestellt, die bei Bedarf auch der Erwärmung dienen kann. Neben der Möglichkeit einer natürlichen Lüftung durch Fenster besteht die Möglichkeit, den hygienischen Mindestluftwechsel über eine vorkonditionierte mechanische Lüftung gerade in den Sommermonaten bedarfsgerecht in die Arbeitsbereiche zu bringen. Die Zuluft gelangt über ein Kanalsystem in die Räume, wobei die Abluft über ein Deckenplenum durch den Innenbereich in zwei Abschnitten bis zum Dach geführt wird. Somit können erforderliche Schächte und Kanalführungen auf ein Minimum reduziert werden. Im Dachbereich erfolgt die Luftaufbereitung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung.

Die Energiebereitstellung kann im Sommer ohne zusätzliche Kältemaschine oder Rückkühlwerke durch Nutzung von Geothermie über Erdsonden, die die Wärme an das Erdreich abgeben, erfolgen. Die geringen Heizlasten werden durch eine geothermische Wärmepumpe gedeckt. Somit wird kein Trinkwasser für Kühlzwecke verbraucht.

Auf den horizontalen Dachflächen besteht die Möglichkeit zur Integration von hinterlüfteten horizontalen Photovoltaik-Paneelen, die mit 20 kWp die Grundlast des Gebäudes an elektrischem Strom abdecken können. Die Menge erneuerbarer Energien übersteigt in Summe das Zweifache des nach ENEV geforderten Anteils.

Zur Regelung kommen robuste, gegen Fehlbedienung unempfindliche Systeme mit geringem Installations- und Wartungsaufwand zum Einsatz. Sämtliche Toilettenspülungen werden zusätzlich aus Regenwassersammelanlagen versorgt, die an die Dachentwässerung angeschlossen sind. Moderne, unauffällige, aber ökologisch sehr nachhaltige Gebäudeleittechnik repräsentiert die technologische Vorreiterrolle Deutschlands.

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